ERDE (II)

Töpfern, Formen, Verzierungen

  • Legen wir mal los...

Die ur- und frühgeschichtliche Keramik unserer Region ist handgeformt und mutmaßlich zum größten Teil in Wulst-Aufbautechnik hergestellt. Diese Technik kennen sicherlich viele Leser aus dem Werken-Unterricht ihrer Schulzeit. Ich selbst habe bei den Ausgrabungen in Isingerode einzelne Scherben in der Hand gehabt, bei denen im Bruch die Wülste erkennbar waren. In der Regel sieht man sie aber nicht mehr.

Die Herstellung von Keramik auf der schnell rotierenden Töpferscheibe setzt sich in unserer Region erst im Verlauf des Mittelalters durch. Nur sporadisch finden sich bereits in der vorrömischen Eisenzeit Drehscheibengefäße. Dabei wird es sich um Importe aus dem „keltischen“ Kulturraum handeln. In der späten Kaiserzeit scheint es einige wenige Werkstätten gegeben zu haben, die mit der schnell rotierenden Töpferscheibe gearbeitet haben. Berüchtigt ist die sogenannte „Braunschweiger Drehscheibenware“ des 4./5. Jahrhunderts nach Christus. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass es sich dabei um die Produkte vielleicht nur einer einzigen regionalen Werkstatt handelt, die nur für wenige Jahrzehnte produzierte. Die Technik wird sicherlich im provinzialrömischen Gebiet erlernt worden sein.

Zu Braunschweiger Drehscheibenware siehe Babette Ludowici: Frühgeschichtliche Grabfunde zwischen Harz und Aller, Rahden/Westf. 2005, S. 113-117.

Es gibt eine Reihe von heutigen Werkstätten, die ganz hervorragende Repliken mittelalterlicher Drehscheibenware herstellen. Hier aber geht es um altertümlichere Technik.

Eine Auswahl meiner Eigenproduktion, noch in ungebranntem Zustand. Die eher grauen Gefäße sind aus selbstgewonnenem Ton, die eher gelben aus gekauftem Ton. Leider sollten nicht alle Gefäße den Brennvorgang überleben…

Um ein Gefühl für das Töpfern zu bekommen, habe ich zunächst nur kleine Gefäße geformt, die ganz grob an typische Formen aus der regionalen Ur- und Frühgeschichte angelehnt sind. Letztendlich sind es Miniaturausgaben der Vorbilder. Nicht immer habe ich die Formen wirklich gut getroffen. Und aus Ängstlichkeit habe ich die meisten Gefäße viel zu dickwandig gemacht. Aber ich übe ja noch, es sind meine ersten Versuche.

Da ich ja das Ergebnis verschiedener Tone und Brennverfahren vergleichen wollte, suchte ich mir eine einfache Gefäßform aus, die ich gewissermaßen als „Referenzmodell“ mehrfach töpferte. Meine Wahl fiel hier auf den einfachen Doppelkonus, eine Form, die in der jüngeren Bronzezeit zwischen 1200 und 1000 v.Chr. im Gebiet der Lausitzer Kultur und auch der im Braunschweiger Land anzutreffenden verwandten Saalemündungsgruppe auftritt. Meine Version ist, wie gesagt, eine viel zu dickwandige Miniaturausgabe.

Und hier habe ich ein bereits gebranntes Exemplar aus meiner Produktion einmal als Foto und einmal als Zeichnung:

Versuch Replik Miniaturform eines Doppelkonus, gekaufter Ton, modern gebrannt.
Der gleiche Doppelkonus als Zeichnung.

 

Die Verzierung habe ich an ein in den Weimarer Typentafeln abgebildetes Exemplar (Saalemündungsgruppe B10,5) angelehnt.

»Scharfkantige Doppelkoni tragen in der frühen Phase meist drei horizontale Rillen über dem Bauchumbruch, (…)«

(Berthold Schmidt, B10, in: Typentafeln zur Ur- und Frühgeschichte, Weimar 1972)

Ähnlich ist auch B5,4 (Lausitzer Kultur).
In der Typologie von Immo Heske entspricht dies dem Typ V.1.

Immo Heske: Die Hünenburg bei Watenstedt, Ldkr. Helmstedt – Eine ur- und frühgeschichtliche Befestigung und ihr Umfeld, Neumünster 2006, S. 65f. Siehe auch Katalog Nr. 394, Abb. auf Tafel 33, S. 343.

Eine kleine Galerie mit beschrifteten Fotos von einzelnen Gefäßen gibt es am Ende des nächsten Kapitels:

→ FEUER – Brennen der Keramik